Das Schicksals-Jahr

Am 31. Dezember löst sich die frühere „RSG-Katzwang“ auf

schicksal

KATZWANG - 2010 geht als das „Schicksals-Jahr“ in die fränkische Radsport-Geschichte ein. Die vielen Radsportfans der Region mussten sich heuer endgültig von zwei Erfolgsgaranten der letzten Jahrzehnte verabschieden: Nach dem Ende der erfolgreichen „Equipe der Nürnberger Versicherung“ kam im November, zwar kaum noch beachtet, aber ebenso bedauerlich, noch eine zweite Hiobsbotschaft hinzu: Die in den 1970er-Jahren gegründete „RSG-Katzwang“ (ab 1980 RSG-Nürnberg), die einst mit den mehrfachen Deutschen Meistern Klaus Burges, Gerhard Scheller, Dieter Burkhardt, Friedrich von Loeffelholz und Dieter Flögel für Furore sorgte, wurde nach 38 Jahren ebenfalls zum 31. Dezember dieses Jahres aufgelöst.

Fast 30 Jahre lang hat die „RSG“ ein großes und erfolgreiches Stück der deutschen Radsport-Geschichte mitgeschrieben.

Nur noch in schönen Erinnerungen schwelgen können Dieter Burkhardt, Dieter Flögel, Friedrich von Loeffelholz, Gerhard Scheller und Klaus Burges. Sie machten einst die kleine Renngemeinschaft, die Radsportidealisten von sechs fränkischen Vereinen (darunter der Schwabacher Tourenklub) gründeten, rund 15 Jahre lang zu einem der erfolgreichsten Radsportvereine Deutschlands. Aus der „RSG-Paintco-Franken“, entstand 1975 mit großzügiger Unterstützung des ARSV Katzwang die „RSG-Katzwang“, bei der man noch im gleichen Jahr deutsche Meistertitel feiern konnte: Steher Klaus Burges und Sprint-As Gerhard Scheller holten die ersten von insgesamt 32 (!) deutschen Meistertiteln nach Franken.

Erfolgsgeschichte
Mit „Radbaron“ Friedrich von Loeffelholz – 1976 Olympia-Vierter und 1978 Deutscher Straßenmeister – begann danach die einmalige Erfolgsserie der RSG im Straßenrennsport. Nach von Loeffelholz folgten als Titelträger seine Vereinskameraden Hans Neumayer 1980, Dieter Burkhardt 1982, Dieter Flögel 1983, Thomas Freienstein 1984 und Werner Stauff 1986. Drei Mal — 1979, 1985 und 1988 — standen die Asse der RSG bei der Vierer-Straßen-DM als beste Vereinsmannschaft ganz oben auf dem Treppchen.

Auch international waren die „Blauen“ bei renommierten Klassikern und Rundfahrten der Amateure sehr erfolgreich. Dieter Flögel verfehlte bei der Straßen-WM 1981 in Prag als Fünfter nur knapp eine Medaille. „Das waren unvergesslich erfolgreiche und schöne Jahre“, schwärmt der mehrfache Ex-Meister Dieter Burkhardt noch heute, der nach seiner aktiven Zeit als Vorsitzender der RSG dafür sorgte, dass mit Steffen Rein 1991, Bert Dietz 1992 und Stephan Gottschling 1993 — junge Talente der einstigen DDR – die Meister- und Erfolgsserie fortsetzten.

Nach den neuen Richtlinien des Radsport-Weltverbandes (UCI) wagte man – ebenfalls unter Dieter Burkhardts Regie – 1996 den Sprung in die Profi-Szene. Neben dem Team Telekom und dem Team Gerolsteiner war das aus der RSG entstandene „Team Nürnberger“ bis 2002 eine der erfolgreichsten deutschen Männer-Profimannschaften. Das international besetzte Team erkämpfte bei Straßenrennen und Rundfahrten rund 40 Erfolge. Thomas Liese holte 2001 im 50-km-Zeitfahren den letzten der 32 deutschen Meistertitel nach Nürnberg.
Nach dem Rückzug der Nürnberger Versicherung, die als Sponsor nur noch den Frauen-Radsport unterstützte, kam 2002 das Aus für das „Team Nürnberger“, nachdem man keinen neuen Hauptsponsor fand. Die RSG-Nürnberg, bei der Jugendliche und Amateure noch einige Jahre das blaue Trikot trugen, existierte jedoch noch weiterhin.

Erst im November dieses Jahres entschloss sich der harte Kern des kleinen Vereins mit dem einstigen Gründer Joachim Kröniger, mit Friedrich von Loeffelholz, Dieter Burkhardt und Dieter Flögel, die RSG zum Ende dieses Jahres endgültig aufzulösen. „Wir alle wussten, dass dieser Tag kommen wird, doch es hat uns trotzdem sehr weh getan “, sagt der letzte RSG-Boss Fritz Dotzer.

Schwabacher Tagblatt, 30.12.2010
Text und Foto: Manfred Marr