Erst sorgfältig putzen, dann fahren

Wer mit dem Rad in den Frühling starten will, sollte ein paar Tipps beherzigen
 
VON THOMAS SCHARRER
 
Orkantief „Niklas“ wird sich irgendwann ausgetobt haben, die Sonne kommt heraus und bei angenehmen Frühlingstemperaturen lockt ein Ausflug mit dem Fahrrad - entweder nur um die Natur zu genießen oder um sich richtig fit zu trimmen. Doch gerade nach dem Winter sollte man dem Rad - egal, ob reinrassiges Sportgerät oder nur Fortbewegungsmittel - ein wenig Aufmerksamkeit schenken.
 
NÜRNBERG — Das hat beinahe jeder Radler schon mal erlebt: Man schwingt sich bei endlich frühlingshaften Temperaturen euphorisch in den Sattel, will endlich wieder die Natur auf zwei Rädern genießen, aber die Freude ist schnell verflogen. Die Kette rattert, die Schaltung quietscht oder - noch schlimmer - beim ersten stärkeren Bremsvorgang ruckelt die Gabel oder ein Bremszug reißt und macht das Anhalten fast unmöglich.
Wer sein Rad - egal, ob Renn- oder Tourenrad - den Winter über im Keller eingelagert hat, und sich im Herbst nicht mehr zu einer gründlichen Überholung aufraffen konnte, der sollte spätestens jetzt im Frühjahr seinen Drahtesel überprüfen – oder überprüfen lassen. Dieter Burkhardt, früher erfolgreicher Rennfahrer, Manager des Teams Nürnberger und jetzt Inhaber eines Radgeschäfts in Nürnberg, empfiehlt, jede Radsaison mit gründlichem Putzen zu beginnen.
„Nur bei einem sauberen Rad“, sagt Burkhardt, „ist es möglich, die so wichtige Sichtkontrolle durchzuführen, mit der man eventuelle Schäden erkennen kann.“ Dazu genügt ein normales Autowaschmittel, ein Schwamm und, wenn Staub oder Dreck entfernt sind, ein Poliermittel, mit dem man das Rad wieder erstrahlen lässt. Am Ende dann ein paar Tropfen Öl auf Schaltung und Kette, und der Drahtesel ist schon fast wieder flott. Wer sich halbwegs gut mit einem Zweirad auskennt, der überprüft dann den Rahmen und die Züge auf mögliche Risse, kontrolliert alle Schraubverbindungen, weil besonders Schutzbleche oder Lichthalter nervtötend klappern, wenn die nicht mehr fest sind.
Beim Nachziehen der Schrauben sollte man allerdings nicht mit roher Gewalt vorgehen. Leichte Alu- oder Karbonteile dürfen nur mit einem vom Hersteller bestimmten Drehmoment angezogen werden, sonst können sie später brechen oder reißen. Wer da nicht das nötige Werkzeug hat, der sollte lieber einen Fachmann ranlassen, sonst ist der mögliche Schaden schnell größer als der angestrebte Nutzen. Auch für die laut Burkhardt nötige Kontrolle von Lagern, Naben und Schaltungen ist schon eine gewisse technische Fertigkeit nötig.
Bevor man endlich aufsteigen kann, noch die Reifen überprüfen, mit dem richtigen Luftdruck aufpumpen und dann die erste Testfahrt vielleicht nicht gleich bei vollem Tempo auf einer stark befahrenen Straße absolvieren.
 
Die Kette!
Neben den Reifen ist bei einem Rad die Kette dem größten Verschleiß ausgesetzt - und diesen so unscheinbaren wie effizienten Antriebsstrang sollte man auch regelmäßig kontrollieren. Die vielen Glieder einer Fahrradkette dehnen sich nämlich durch den Gebrauch aus, und eine derart „gelängte“ Kette läuft nicht mehr sauber über die hinteren Ritzel und die vorderen Kettenblätter. „Dadurch“, erläutert Burkhardt, „kann der ganze Antriebsstrang Schaden erleiden. Die Kosten sind dann viel höher als die rund 15 Euro für eine neue Kette.“ Der Zustand einer Kette lässt sich nur mit einer Kettenmesslehre bestimmen. Die hat jeder Radhändler, die Überprüfung dauert nur ganz kurz - und lohnt sich.
Für die einzelnen Schritte, wie man seinen Renner fit fürs Frühjahr und die neue Saison macht, gibt es auch zum Beispiel beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club -
www.adfc.de - umfangreiche Checklisten und viele nützliche Tipps im Internet. Wer nicht selber Hand anlegen will, kann sein Gefährt natürlich auch zu einem Händler in die Werkstatt bringen. Auf rund 50 Euro - ohne eventuell nötige Ersatzteile - beziffert Burkhardt den kompletten Check. „Regelmäßige Wartung“, sagt der Spezialist, „erhöht den Spaß am Fahren, die Lebenserwartung des Rades und spart so letztlich Geld.“ Jetzt muss sich also nur noch Sturmtief „Niklas“ verziehen, dann können die Räder endlich wieder rollen.

 
NN
 Zwei Spezialisten und ein topgepflegtes Rad: Christian Fischer (links) und Dieter Burkhardt erklären, wie man sein Zweirad fit für die neue Saison macht.
Foto: tsch

Nürnberger Nachrichten sowie alle angeschlossenen Regionalzeitungen
01.04.2015