August 2012
„Wehmut, gemischte Gefühle und Ärger“
30/08/12 00:50 Filed in: Presseartikel
Vor dem letzten Altstadtrennen äußert sich der Mitbegründer Dieter Burkhardt im Interview
Vom Radsport ist Dieter Burkhardt nie losgekommen: In Nürnberg betreibt er ein Rad-Fachgeschäft, Sohn Holger ist Profi im Team Nutrixxion.
Am nächsten Sonntag findet das einstmals weit über die Grenzen Nürnbergs hinaus bekannte Radrennen um die Altstadt letztmals statt. Ab 2013 wird es in die Schlussetappe der Bayern-Rundfahrt eingebettet. Vor über 20 Jahren hatte Dieter Burkhardt, deutscher Ex-Meister und langjähriger Leiter des Teams Nürnberger, das Rennen aus der Taufe gehoben. Wir sprachen mit Burkhardt über Vergangenheit und Zukunft des Franken-Klassikers.
Herr Burkhardt, wann waren Sie letztmals an der Organisation des Altstadtrennens beteiligt?
Dieter Burkhardt: Das war 2002. Danach war ich draußen.
Das sind jetzt also 10 Jahre Abstand. Kommt da am nächsten Sonntag noch Wehmut auf, denn das 22. Altstadtrennen ist ja definitiv das letzte in seiner bisherigen Form?
Burkhardt: Wehmut, vor allem aber gemischte Gefühle. In das Rennen haben alle Beteiligten, vor allem in den Anfangsjahren, viel Herzblut gesteckt. Und wenn man weiß, wie groß das Rennen einmal war, und hat dann in den vergangenen Jahren den Niedergang mit ansehen müssen, dann tat und tut das einfach weh.
Gehen Sie denn am Sonntag noch einmal hin?
Burkhardt: Sicher. Genauso, wie ich nächstes Jahr auch zur Bayern-Rundfahrt gehe.
Es wird ja jetzt so getan, als gehe das Nürnberger Rennen mit der Bayern-Rundfahrt nahtlos weiter. Sehen Sie das auch so?
Burkhardt: Na ja, nicht ganz. Da beschwindelt man sich schon etwas selber. Denn die Bayern-Rundfahrt gibt es als eigenständiges Etappenrennen schon lange. Aber mit dem Nürnberger Rennen fällt eben wieder eine Veranstaltung aus dem Kalender heraus. Der Radsport hat ja ziemlich viele Federn lassen müssen in den vergangenen Jahren.
Ärgern Sie sich darüber noch?
Burkhardt: Am Anfang, als ich merkte, dass es mit dem Rennen bergab geht, habe ich mich sehr geärgert. Es sind einige schwerwiegende Fehler gemacht worden, und so hat man etwas Großes zerstört.
Welche Fehler meinen Sie?
Burkhardt: Es ist ja oft so dargestellt worden, dass das Rennen nicht überleben konnte, weil die Nürnberger Versicherung vor drei Jahren als Hauptsponsor komplett ausgestiegen ist. Aber der Knackpunkt war schon der Ausstieg der Versicherungsgruppe als Sponsor des Männerteams 2002. Damit hat man auch das Ende des Rennens eingeleitet.
Das müssen Sie jetzt etwas näher erklären.
Burkhardt: Wir hatten am Anfang eine geniale Konstruktion. Ein Nürnberger Männerteam, das hier Woche für Woche viel Medieninteresse bekommen hat; dahinter mit der RSG einen sehr engagierten Verein und einen potenten Hauptsponsor, bei dem sich der damalige Vertriebsdirektor Wolfgang Leiber voll mit dem Radsport identifiziert hat; schließlich noch – und das war vielleicht das Wichtigste – mit Peter Schönlein einen Oberbürgermeister, der das Rennen wollte und alle bürokratischen Hemmnisse beiseite geschafft hat. Aber als das Männerteam aufgelöst wurde, da fiel das erste Standbein weg und dann glaubte man, der Frauen-Weltcup sei wichtiger als das Hauptrennen. Das konnte nicht funktionieren und das hat auch nicht funktioniert.
Aber letztlich ist das Rennen doch an Geldmangel gestorben.
Burkhardt: Ja, aber schon vor 2009, weil man da nämlich schon Geld für ein zugkräftiges Elitefeld der Männer abgezogen hat, um es für andere Dinge zu benutzen. Dieter Flögel und ich wollten immer Spitzenradsport in Nürnberg präsentieren. Aber ein Männerrennen quasi als Appetitanreger für das vermeintlich wichtigere Frauenrennen zu sehen, das konnte nicht gutgehen.
Sind Sie trotzdem froh, dass die Bayern-Rundfahrt für mindestens drei Jahre in Nürnberg einsteigt?
Burkhardt: Ja. Das ist ein Glücksfall, wir werden wenigstens wieder Top-Radsport hier sehen und nicht eine eher bunte Veranstaltung, in der dann immer gewaltig hohe Zuschauerzahlen angegeben werden, um so eine nicht mehr vorhandene Qualität vorzutäuschen.
Interview: THOMAS SCHARRER
Nürnberger Nachrichten, 27.08.2012
Vom Radsport ist Dieter Burkhardt nie losgekommen: In Nürnberg betreibt er ein Rad-Fachgeschäft, Sohn Holger ist Profi im Team Nutrixxion.
Am nächsten Sonntag findet das einstmals weit über die Grenzen Nürnbergs hinaus bekannte Radrennen um die Altstadt letztmals statt. Ab 2013 wird es in die Schlussetappe der Bayern-Rundfahrt eingebettet. Vor über 20 Jahren hatte Dieter Burkhardt, deutscher Ex-Meister und langjähriger Leiter des Teams Nürnberger, das Rennen aus der Taufe gehoben. Wir sprachen mit Burkhardt über Vergangenheit und Zukunft des Franken-Klassikers.
Herr Burkhardt, wann waren Sie letztmals an der Organisation des Altstadtrennens beteiligt?
Dieter Burkhardt: Das war 2002. Danach war ich draußen.
Das sind jetzt also 10 Jahre Abstand. Kommt da am nächsten Sonntag noch Wehmut auf, denn das 22. Altstadtrennen ist ja definitiv das letzte in seiner bisherigen Form?
Burkhardt: Wehmut, vor allem aber gemischte Gefühle. In das Rennen haben alle Beteiligten, vor allem in den Anfangsjahren, viel Herzblut gesteckt. Und wenn man weiß, wie groß das Rennen einmal war, und hat dann in den vergangenen Jahren den Niedergang mit ansehen müssen, dann tat und tut das einfach weh.
Gehen Sie denn am Sonntag noch einmal hin?
Burkhardt: Sicher. Genauso, wie ich nächstes Jahr auch zur Bayern-Rundfahrt gehe.
Es wird ja jetzt so getan, als gehe das Nürnberger Rennen mit der Bayern-Rundfahrt nahtlos weiter. Sehen Sie das auch so?
Burkhardt: Na ja, nicht ganz. Da beschwindelt man sich schon etwas selber. Denn die Bayern-Rundfahrt gibt es als eigenständiges Etappenrennen schon lange. Aber mit dem Nürnberger Rennen fällt eben wieder eine Veranstaltung aus dem Kalender heraus. Der Radsport hat ja ziemlich viele Federn lassen müssen in den vergangenen Jahren.
Ärgern Sie sich darüber noch?
Burkhardt: Am Anfang, als ich merkte, dass es mit dem Rennen bergab geht, habe ich mich sehr geärgert. Es sind einige schwerwiegende Fehler gemacht worden, und so hat man etwas Großes zerstört.
Welche Fehler meinen Sie?
Burkhardt: Es ist ja oft so dargestellt worden, dass das Rennen nicht überleben konnte, weil die Nürnberger Versicherung vor drei Jahren als Hauptsponsor komplett ausgestiegen ist. Aber der Knackpunkt war schon der Ausstieg der Versicherungsgruppe als Sponsor des Männerteams 2002. Damit hat man auch das Ende des Rennens eingeleitet.
Das müssen Sie jetzt etwas näher erklären.
Burkhardt: Wir hatten am Anfang eine geniale Konstruktion. Ein Nürnberger Männerteam, das hier Woche für Woche viel Medieninteresse bekommen hat; dahinter mit der RSG einen sehr engagierten Verein und einen potenten Hauptsponsor, bei dem sich der damalige Vertriebsdirektor Wolfgang Leiber voll mit dem Radsport identifiziert hat; schließlich noch – und das war vielleicht das Wichtigste – mit Peter Schönlein einen Oberbürgermeister, der das Rennen wollte und alle bürokratischen Hemmnisse beiseite geschafft hat. Aber als das Männerteam aufgelöst wurde, da fiel das erste Standbein weg und dann glaubte man, der Frauen-Weltcup sei wichtiger als das Hauptrennen. Das konnte nicht funktionieren und das hat auch nicht funktioniert.
Aber letztlich ist das Rennen doch an Geldmangel gestorben.
Burkhardt: Ja, aber schon vor 2009, weil man da nämlich schon Geld für ein zugkräftiges Elitefeld der Männer abgezogen hat, um es für andere Dinge zu benutzen. Dieter Flögel und ich wollten immer Spitzenradsport in Nürnberg präsentieren. Aber ein Männerrennen quasi als Appetitanreger für das vermeintlich wichtigere Frauenrennen zu sehen, das konnte nicht gutgehen.
Sind Sie trotzdem froh, dass die Bayern-Rundfahrt für mindestens drei Jahre in Nürnberg einsteigt?
Burkhardt: Ja. Das ist ein Glücksfall, wir werden wenigstens wieder Top-Radsport hier sehen und nicht eine eher bunte Veranstaltung, in der dann immer gewaltig hohe Zuschauerzahlen angegeben werden, um so eine nicht mehr vorhandene Qualität vorzutäuschen.
Interview: THOMAS SCHARRER
Nürnberger Nachrichten, 27.08.2012