Am großen Rad gedreht

Dieter Burkhardt, früherer deutscher Meister im Radrennen, hält ein älteres Hercules-Rad in seiner Hand: «Immer etwas teurer, immer etwas besser.» Foto: Stefan Hippel

NÜRNBERG - Der kompakte, schwarze Drahtesel liegt bei Dieter Burkhardt gut in der Hand. Ja, auf diese Traditionsmarke ist der gebürtige Stuttgarter stolz. Denn als Radprofi ist er für das Team RSG Hercules Nürnberg gefahren: 1982 hat er die deutsche Meisterschaft im Einzel, 1979 und 1985 den Titel mit der Mannschaft geholt. Natürlich nicht auf einem derart antiquierten Renner, wie er derzeit im Museum Industriekultur ausgestellt ist.

Noch heute ist es seine Überzeugung: »Hercules war zwar immer etwas teurer als die anderen Hersteller, aber auch immer etwas besser.« Der gelernte Großhandelskaufmann hatte zunächst als aktiver Sportler Kontakt zum Rad-Hersteller, ehe er 1986 in die Firma eingetreten ist. Damals war Hercules schon lange von der Fürther Straße an die Nopitschstraße umgezogen.

Alles unter einem Dach

Der erste Rundgang durch den Betrieb hat sich bei ihm tief eingeprägt: Er konnte die Entstehung eines Fahrrads konkret miterleben - die ganze Produktion war unter einem Dach. Von den Metallrohren im Lager über die Lötstraße für die Rahmen, hin zur Einspeicherei und der Vormontage der Lenker - am Ende von vielen Arbeitsgängen wurde der fertige Renner in einen Karton verpackt. Einfach faszinierend.

Als Marketing-Leiter hat Burkhardt am großen Rad für den fränkischen Hersteller gedreht. In den 80er Jahren sei viel für den Markennamen getan worden, berichtet er. Gute Vermarktung von anspruchsvollen Produkten, ein engagierter Vertrieb - es lief problemlos. »Hercules war eine stocksolide Firma«, bemerkt der 55-Jährige. Nach der Übernahme durch Mannesmann sei bald spürbar geworden, dass der neue Eigentümer nur am Kfz-Zulieferer Sachs interessiert war. Es kam immer mehr Sand ins Getriebe.

Mittlerweile in Ungarn gefertigt

Von den früher rund 1200 Beschäftigten waren es im Jahr 2001 nur mehr 60 Kollegen. Das Unternehmen hat nun seinen Sitz in Neuhof an der Zenn und firmiert dort bis heute als Accell-Hercules Fahrrad GmbH &Co.KG. Im Jahr 2001 erhielt Burkhardt seinen blauen Brief: »Leute wie mich brauchte man nicht mehr, aber immerhin gehörte ich zu den letzten Führungskräften.« Der einstige Radprofi trauert seiner Firma noch ein wenig nach - wegen des Teamgeists, des Zusammenhalts unter den »Herculanern«: »Das ist auch heute noch spürbar, wenn man sich trifft.«

Hercules-Räder werden mittlerweile in Ungarn gefertigt. Burkhardt hat ein Jahr noch die Profis vom »Team Nürnberger« betreut und sich dann selbstständig gemacht. Als Besitzer eines Radgeschäfts an der Danziger Straße ist er der Branche treu geblieben. Er legt bis heute großen Wert auf Qualität seiner Bikes, Trekking-, Renn- und Jugendräder. Hercules hat er teilweise auch noch verkauft, aber seine Kundschaft verlangt andere Modelle, erklärt der Geschäftsmann.

Hartmut Voigt
31.7.2010